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Eine Einführung in die Problematik der Instrumentenrealisierung und die spezifischen Herausforderungen an die Antriebstechnologie
Hintergrund
Heutzutage kommen chirurgische Handinstrumente in fast allen Fachdisziplinen zum Einsatz, u. a. in der HNO-Chirurgie, Orthopädie, Neurologie, Ophthalmologie oder auch in der plastischen Chirurgie. Dabei werden die ursprünglich pneumatisch angetriebenen, d. h. druckluftbetriebenen Werkzeuge mittlerweile allerdings elektrisch betrieben. Dies trägt nicht nur dazu bei, dass die Instrumente leistungsfähiger sind, sondern bietet gleichzeitig auch die Vorteile der besseren Steuerung, des geräuschärmeren Betriebs sowie einer optimalen Haptik. Kurzum, es erfordert heute nur noch eine einfache Steckdose oder kleine Batterie – im Gegensatz zu den pneumatischen Werkzeugen mit ihrem „unhandlichen“, wartungsintensiven Design.
Dieser Wechsel vom pneumatischen auf den elektrischen Antrieb wurde in erster Linie aufgrund bedeutender Fortschritte bei Elektromotoren ermöglicht. Aber bei der Entwicklung einer bürstenlosen DC-Motorantriebslösung, die erstens leistungsstark genug und zweitens extrem kompakt ausgeführt ist, muss auch berücksichtigt werden, dass im medizinischen Umfeld häufig Sterilisationszyklen durchlaufen werden müssen.
Sterilisationszyklen – ein notwendiges „Übel“
Die gebräuchlichste Sterilisationsmethode in Krankenhäusern und Kliniken ist das Autoklavieren bzw. die Dampfsterilisation. Dabei werden die chirurgischen Instrumente für bis zu 18 Minuten 100-prozentiger Feuchtigkeit, 135 °C und Druck-änderungen in den Sterilisatoren ausgesetzt. Die meisten dieser Autoklaven ermöglichen mittels Vakuumzyklen zudem die vollständige Dampfdurchdringung zum Abtöten eventuell vorhandener Bakterien, Viren, Pilze und Sporen. Allerdings bereitet die wiederholte Zufuhr von Feuchtigkeit im Rahmen des Prozesses den Herstellern von Instrumenten sowie den Herstellern von Antriebslösungen die meisten Probleme und ist die Ursache erheblicher elektrischer Störungen.
Lösungsansätze
Im Folgenden sind vier verschiedene Lösungswege seitens Herstellern von chirurgischen Handinstrumenten in puncto DC-Motoren für angetriebene chirurgische Instrumente dargestellt.
- Instrumente zum einmaligen Gebrauch
Der erste Ansatz sieht die Verwendung sehr kostengünstiger Gleichstrommotor- und Kunststoffkomponenten vor, wobei die Instrumente zum einmaligen Gebrauch nach dem chirurgischen Eingriff umgehend zu entsorgen sind. Ein Problem, denn Krankenhäuser und Kliniken weltweit wollen ihren gefährlichen, d. h. infektiösen Abfall gemäß ihren grünen Initiativen ja verringern. Des Weiteren stellen solche Einmal- bzw. Einweg-Lösungen nicht immer die wirtschaftlichsten Lösungen dar, so zum Beispiel im Fall von Operationen, die mehrere Male pro Tag durchgeführt werden. - Die nicht autoklavierbare, unsterile Antriebslösung mit Akku
Eine weitere Lösung ist der Einsatz „normaler“ Gleichstrommotoren zusammen mit einem nicht autoklavierbaren Akku-Pack; dieses Motor/Akku-Modul muss aber vom OP-Team vor der Sterilisation logischerweise entfernt werden. Problem eins ist also, dass es sich hierbei um unsterile Komponenten handelt. Das medizinische Personal muss diese Antriebslösung folglich gemäß einem speziellen Verfahren am sterilen Instrument anbringen, wobei keine Fehler unterlaufen dürfen. Hinzu kommt auch, dass Chirurgen vom Gebrauch von Instrumenten mit unsterilen Systemkomponenten nicht wirklich begeistert sind. Und Problem zwei ist, dass das Entfernen der nicht autoklavierbaren Antriebskomponente(n) durch das OP-Personal VOR der Sterilisation in allen Einzelfällen schlechthin nicht gewährleistet werden kann – was letztendlich vorzeitige Ausfälle bedeuten kann. - Zusätzliche Dichtungen
Auch der dritte Ansatz sieht den Einsatz eines „normalen“ Gleichstrommotors, wobei dieser dauerhaft am jeweiligen Instrument befestigt ist, sowie aber dessen Abdichtung vor. Dies hat allerdings in den meisten Fällen dichtungsbedingt eine unpraktische Ausführung zur Folge, will man zumindest eine ausreichende Leistung erzielen. Ferner ist auch der Wirkungsgrad aufgrund der an Instrument oder Motorwelle angebrachten dynamischen Dichtungen wesentlich geringerer. Die Folge ist eine höhere Leistungsaufnahme und folglich eine geringere Laufzeit und stärkere Erwärmung des Instruments. Und überdies ist keine, noch so gute Dichtung langfristig eine optimale Lösung. - Die autoklavierbare Antriebslösung
Die beste Lösung allerdings setzt auf einen autoklavierbaren und somit ebenfalls für die Sterilisation ausgelegten Gleichstrommotor, ohne dass es hier redundanter Dichtungen bedarf, was sich nicht zuletzt in Form einer kompakteren Ausführung auszahlt. Und auch der Sterilisationsprozess gestaltet sich hier wesentlich einfacher.
Allerdings können nur sehr wenige Hersteller von Antriebslösungen autoklavierbare Motoren fertigen, obgleich die „Brushless“-Technologie im „Slotted“-Design seit nunmehr über 20 Jahren ein wichtiger Standard in der Medizin-technik ist. Die Motorwicklung ist hier in den Nuten des Blechpaketes bereits geschützt ausgeführt. Zudem können Überzug bzw. Beschichtungen und Ausführungen ohne Leistungseinbußen erfolgen (siehe Abb. 3).
Im Gegensatz dazu sind bürsten- und nutenlose Motoren nicht wirklich gut zur Sterilisation im Autoklaven geeignet, denn aufgrund der Wicklungsausführung besteht eine relativ große Exposition. Will man die Wicklung aber effektiver schützen, so hat das einen größeren magnetischen Luftspalt zur Folge, was sich äußerst nachteilig auf Wirkungsgrad und Leistung – oder anders formuliert: Effizienz und Effektivität – auswirkt (siehe Abb. 4).
Fazit
Entwickler, Ingenieure und Konstrukteure sollten dem Punkt Antrieb höchste Priorität beimessen, wenn es um chirurgische Handinstrumente geht. Diesbezüglich einfach auf einen kostengünstigen, nicht autoklavierbaren Motor zu setzen, mag zwar naheliegend erscheinen, resultiert aber unter Umständen – so zum Beispiel im Fall von zusätzlich erforderlichen Dichtungen – in einem kostspieligeren Endprodukt. Die Motorauswahl wirkt sich zudem unmittelbar auf die Zuverlässigkeit des eingesetzten Instruments aus, hat analog also ggf. entsprechende Wartungskosten zur Folge. Die meisten führenden Hersteller von chirurgischen Handinstrumenten setzen heute daher auf die „Brushless“-Technologie im „Slotted“-Design – nicht zuletzt aufgrund der besseren Autoklavierbarkeit sowie der exzellenten Leistungsdichte von bürstenlosen, genuteten Ausführungen.

Abb. 1: Arthroskopie-Shaver

Abb. 2: Vor- & Nachbehandlung (Autoklav, Klasse B)

Abb. 3: Bürstenloser, genuteter Motor (Querschnitt)
- Wicklung
- Genutetes Blechpaket
- Platz für Wicklungsschutz (Beschichtung usw.)

Abb. 4: Bürstenloser, nutenloser Motor (Querschnitt)
- Wicklung
- Blechpaket
- Luftspalt (kein Platz für Wicklungsschutz)

Abb. 5: Produkte von Portescap