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Das Blockiermoment ist das Drehmoment, das von einem Motor verfügbar ist, dessen Abtriebsdrehzahl null ist. Blockierte Motoren können überhitzen und Schaden nehmen, wenn der unter diesen Bedingungen fließende Strom den maximalen Dauernennwert überschreitet. In diesem Beitrag wird erläutert, welche Parameter Toleranz und Schwankung des Blockiermomentwerts bürstenloser Gleichstrommotoren beeinflussen.
BERECHNUNG DES BLOCKIERMOMENTS
Das Blockiermoment eines bürstenlosen Gleichstrommotors wird wie folgt angegeben:
Ein Teil der Verluste bei bürstenlosen Gleichstrommotoren entsteht durch die Reibung der Lager (Tstatische Reibung) – bei denen es sich üblicherweise um Kugellager handelt. Die Reibung hängt von Lagergröße, Vorspannkraft, tatsächlicher Lagerlast und ggf. der Dichtung sowie der Art und Menge des Schmierstoffs ab. In diesem Whitepaper soll die statische Reibung vernachlässigt und ein wesentlich höheres Blockiermoment angenommen werden. Das ist bei Berücksichtigung der Blockierung jedoch nicht unbedingt immer der Fall
EINFLUSSFAKTOREN FÜR DIE STANDARDTOLERANZ
Als Nächstes geht es unter Berücksichtigung der oben dargestellten Gleichung um die Faktoren, die die Toleranz des Blockiermoments beeinflussen.
Wert der Drehmomentkonstante: ±10%
Die Drehmomentkonstante kt hat typischerweise eine
Toleranz von ±10%.
Ursache dafür ist die schwankende
Magnetkraft des Permanentmagnets, d. h. die Schwankung
der Magnetremanenz. Die Remanenz ist eine physikalische
Eigenschaft des magnetischen Materials und entspricht
der Menge der Restmagnetisierung im Nullfeld nach
Anlegen eines großen Magnetfelds. Die Toleranz dieses
Werts hängt von den Möglichkeiten des herstellerseitigen
Fertigungsprozesses ab und liegt im Allgemeinen bei ±2.5%.
Die übrige Toleranz (±7.5%) ist hauptsächlich auf die Phaseneinstellung zurückzuführen. Mechanische Toleranzen wirken sich weniger stark aus. Die Toleranz der Phaseneinstellung ließe sich durch stärker automatisierte Prozesse reduzieren. Eine weitere Lösungsmöglichkeit wäre die genaue Entmagnetisierung des Motors. Dadurch würde sich die Toleranz des Werts der Drehmomentkonstante auf wenige % verkleinern. Dadurch würden jedoch die die Leistung des Motors etwas verringern.
Spulenwiderstand: ±8%
Auch der Phasenwiderstand des Motors (Ohm) beeinflusst
entsprechend derselben Gleichung (1) die Standardtoleranz.
Üblicherweise liegt dieser Wert bei ± 8%. Grund dafür
sind Schwankungen der Drahtlänge beim Wickeln und des
Durchmessers beim Formen der Spule. Diese Faktoren sind
herstellungsbedingt.
Theoretische Berechnung der Unsicherheit des
Blockiermomentwerts
Nun soll die Unsicherheit des Blockiermomentwerts
berechnet werden. Die absolute Unsicherheit des
Blockiermomentwerts lässt sich unter Anwendung einer
logarithmischen Funktion auf die Formel oben und ihre
Differenzierung direkt bestimmen:
Da die Eingangsspannung U eine Konstante ist, ergibt die Differenzierung der Gleichung oben Folgendes:
In Zahlen:
Die absolute Unsicherheit des Blockiermomentwerts beträgt also 18 %.
Wie verhält sich nun der bürstenlose 16ECP52-8B-112- Gleichstrommotor von Portescap? Unter Berücksichtigung der Werte für Drehmomentkonstante und Widerstand an ihrer Toleranzgrenze (Tabelle 1) ergibt sich eine Abtriebsdrehzahl entsprechend Abbildung 1 unten:
Elektrische Gleichstromparameter | 1 | 2 |
---|---|---|
Drehmomentkonstante [mNm/A] | 16,56 | 20,24 |
Widerstand [Ohm] | 6,7 | 5,7 |
Versorgungsspannung [V] | 24,0 | 24,0 |
Leerlaufstrom [mA] | Vernachlässigbar | Vernachlässigbar |
Blockiermoment [mNm] | 59,3 | 85,2 |
Tabelle 1: Berechnete Werte für 16ECP52-8B-112
Die Motorparameter werden bei 24 V unter Berücksichtigung der extremen Toleranzen der Werte von Widerstand und Drehmomentkonstante gemessen. Der Toleranzbereich ergibt sich aus (85,2 – 59,3), i.e. 25,9 mNm, mNm, und die absolute Toleranz aus (25,9 / (59,3 + 85,2)/2), i.e. ±18%.
EINFLUSSFAKTOREN FÜR DEN BLOCKIERMOMENTWERT
Ein entscheidender Umgebungsfaktor ist die Temperatur, der extrinsisch (Umgebungstemperatur) oder intrinsisch (Energieverluste der Spule) oder beides sein kann. Aus diesem Grund wird der Phasenwiderstand immer für eine bestimmte Temperatur angegeben, üblicherweise für eine Raumtemperatur von 22°C.
Daneben wird eine Steuerung benötigt, um den Motor anzusteuern. Je nach Typ wirkt sich die Steuerung direkt auf die Erregung der Motorphasen und damit auf die Motorleistung bei Blockierung aus.
THERMISCHE EINFLÜSSE
Zunächst sollen die thermischen Einflüsse betrachtet werden, das heißt der Einfluss der Temperatur.
Widerstand der Wicklung
Der Phase-Phase-Widerstand des Motors kann
sich erheblich auf die Istleistung auswirken, da der
Phasenwiderstand R stark temperaturabhängig ist:
Die Widerstandstemperatur ist damit direkt proportional zur Spulentemperatur mit einem linearen Anstieg von 0,39 %/ °C.
Magnetremanenz
Die Temperatur beeinflusst die Magnetremanenz und
diese wiederum die Drehmomentkonstante des Motors.
Ist der Betriebspunkt des Magnets bekannt, lässt
sich der Einfluss der Temperatur auf die Remanenz
aus den Magnetisierungskurven des Magnets
ableiten (eine von Magnetanbietern angegebene
physikalische Eigenschaft). Wird für typischerweise
in bürstenlosen Gleichstrommotoren eingesetzt
Magnete angenommen, dass die Temperatur unter
der Entmagnetisierungstemperatur bleibt, führt der
Temperaturanstieg dazu, dass die Drehmomentkonstante kt um rund
0,11% / °C sinkt.
STEUERUNGSMETHODE
Die Steuerungsmethode beeinflusst nicht nur das
Blockiermoment, sondern auch Leistung und Verhalten
des Motors wie Vibrationsstärke, Gleichmäßigkeit des
Laufs und Geräusche. Wie verhält sich der Motor nun
jeweils bei diesen drei Steuerungsmethoden?
Konventionelle Steuerungsmethode mit Hall-Sensoren
(6-Schritt-Treiber)
Hier sei ein leicht verständlicher Fall angenommen: ein
typischer bürstenloser Gleichstrommotor mit 3 Phasen und
einem Polpaar. Ein solcher bürstenloser Gleichstrommotor
kann zur Erfassung der Rotorposition mit 3 Hall-Sensoren
mit Verschiebung um 120 elektrische Grad ausgestattet sein.
Die 3 digitalen Hall-Sensoren erzeugen je nach Richtung des Rotorflusses hohe oder niedrige Ausgangssignale und damit eine logische Kommutierungstabelle mit 6 Schritten über 360° elektrische Grad, d. h. eine Motorumdrehung für einen Motor mit einem Polpaar. Anschließend erregt der Treiber die richtigen Phasen, um den Winkel zwischen Stator- und Rotorfluss möglichst nah bei 90°, zu halten und so ein möglichst hohes Drehmoment zu erzeugen. Abbildung 2 unten zeigt die typische Form des Phasenstroms und der einzelnen logischen Zustände der T0 3 Hall-Sensoren.
Da es sich um eine diskrete 6-Schritt-Kommutierung handelt, ist das erzeugte Drehmoment nicht konstant und dazu wellig. Abbildung 3 zeigt die Form der Gegen-EMK über 360° und die abgeleitete Gegen-EMK-Form. Das Abtriebsdrehmoment des Motors hätte genau dieselbe Form.
In Abbildung 3 ist das Drehmoment als schwarze Kurve dargestellt und variiert zwischen einem Minimal- und Maximalwert. Das Drehmoment ist minimal, wenn die Kommutierung bei 0°, 60°, usw. erfolgt. Sie ist maximal zwischen zwei Kommutierungen (30°, 90°, usw.). Die Variation des Drehmoments beträgt 13,4% des maximal verfügbaren Drehmoments.
Als Beispiel sei eine elektrische Greiferanwendung angenommen, bei der die Backen einen Gegenstand greifen und halten. In diesem Fall treibt der Motor das mechanische System an und blockiert beim Greifen des Gegenstands. In diesem Moment ist das Widerstandsmoment gleich dem Motordrehmoment. Beim Greifen des Gegenstands lässt sich das an der Motorwelle zurückwirkende Lastmoment mit einer sehr starren Feder vergleichen. Es entspricht der roten Anstiegskurve. Das Motordrehmoment hat dagegen eine typische Welligkeitsform und ist in Abbildung 4 blau dargestellt. Der rote Schnittpunkt der beiden Kurven in Abbildung 4 entspricht der Gleichgewichtsposition, an der der Motor blockiert. Wie man sieht, liegt das Istblockiermoment des Motors im Toleranzbereich von 13,4 % der Drehmomentwelligkeit.
Feldorientierte Steuerung
Bei dieser Steuerungsmethode fließt wie in Abbildung 5
gezeigt an jeder der drei Phasen ein Sinusstrom.
Der Vorteil dieser Methode besteht darin, dass das resultierende Drehmoment unabhängig von der Rotorposition konstant ist. Der Motor läuft dadurch insbesondere bei kleiner Drehzahl (kurz vorm Blockieren) gleichmäßig.
Zudem ist das Motordrehmoment etwas höher – in der Größenordnung von 5 % mehr gegenüber dem effektiven Drehmoment bei Betrieb mit einem 6-Schritt-Treiber. Um auf das Beispiel der elektrischen Greiferanwendung zurückzukommen: In diesem Fall bleibt das Greifmoment unabhängig von der Rotorposition gleich und liefert damit eine gleichbleibende Greifkraft.
Dies entspricht dem Schnittpunkt von Motordrehmoment (blaue horizontale Linie) und Lastmoment (rote Anstiegskurve) in Abbildung 6.
FAZIT
Die Toleranz der elektrischen Parameter bürstenloser Gleichstrommotoren hat erheblichen Einfluss auf die Berechnung des Blockiermomentwerts. Sie kann bei Kombination der Toleranzen für den Wert der Drehmomentkonstante (Magnet, Phaseneinstellung) und des Widerstandswerts (Fertigung) bis zu ±18% betragen.
Daneben wirken sich noch weitere Faktoren wie z. B. Temperaturschwankungen, die entweder durch die Anwendung oder die Erwärmung des Motors bedingt sind, erheblich auf die elektrischen Motorparameter aus.
Schwankungen aufgrund von Toleranz und Wärmeeinflüssen lassen sich nicht aus der realen Welt eliminieren. Konstrukteure müssen sie daher bei der Wahl des passenden bürstenlosen Gleichstrommotors für die betreffende Anwendung berücksichtigen.
Auch die Wahl des Treibers ist ein entscheidender Faktor, den es zu berücksichtigen gilt, da auch die Steuerungstechnologie die Blockierleistung beeinflusst.