DIE AUSWIRKUNGEN VON DREHMOMENT, RADIAL UND AXIALLASTEN AUF DIE MOTORAUSWA

Die Suche und Auswahl des optimalen Motors für eine spezifische Anwendung kann oft schwierig sein, da viele Faktoren berücksichtigt werden müssen, wie beispielsweise spezifische Leistungsvorgaben oder Idealwerte hinsichtlich Spannung und Stromstärke, der Abmessungen, der Drehzahl, der Effizienz und der Leistung. Wenn diese Überlegungen mit anderen einzigartigen Anwendungsanforderungen in Einklang gebracht werden, hilft dies bei der Auswahl des idealen Motors. Aus diesem Grund ist ein kollaborativer Ansatz zwischen den Projektverantwortlichen und den technischen Entwicklungs-teams von Anfang an unerlässlich.

Wenn Sie sich zum ersten Mal an einen Motorhersteller wenden, um sich bei der Wahl des optimalen Motors beraten zu lassen, müssen Sie zunächst den spezifischen Arbeitspunkt der Anwendung bzw. das Anzugsmoment und die Drehzahl der Anwendung ansprechen. Ein umfassendes Verständis der auf den Motor einwirkenden Kraft- und Lastverhältnisse ermöglicht eine exakte Ermittlung der optimalen Leistungs- und Zubehöranforderungen. Darüber hinaus sollte berücksichtigt werden, wie der Motor in die Anwendung eingebunden ist, da verschiedene Arten von Belastungen die Lebensdauer und Betriebssicherheit eines Motors oder das erforderliche Motordesign entscheidend beeinflussen können.

Im Folgenden befassen wir uns daher mit der Drehmoment-, Radial- und Axiallast: Dies sind drei verschiedene Arten von Krafteinwirkungen, die in gängigen Miniaturmotoranwendungen auftreten. Wir werden auch erläutern, warum sie entscheidend für den Auswahlprozess des Motors sind.

DIE DREHMOMENTLAST IM FOKUS

Die Drehmomentlast: einfach erklärt

Das Drehmoment ist die Rotationskraft, die ein Motor während des Betriebs erzeugt (siehe Abbildung 1). Da der Zweck eines Motors in der Regel darin besteht, die elektrische Energie (Pelec = Voltage x Current) in mechanische Energie (Pmech = Torque x RPM) umzuwandeln, tritt bei Drehmotoren in nahezu jeder Anwendung eine Drehmomentlast auf.

Das Drehmoment als Kriterium bei der Motorenauswahl

In den meisten Fällen reicht es nicht aus, einen Motor nur anhand eines Drehmomentwertes „x“ auszuwählen. Das erforderliche Drehmoment (und die Geschwindigkeit) in einer Anwendung muss über den gesamten Bewegungszyklus verstanden werden, da der Motor die erforderliche mechanische Leistung ohne Übertempera-tur bereitstellen muss. Aus diesem Grund fragen die Anbieter von Antriebslösungen häufig nach dem genauen Bewegungszyklus, den der Motor voraussichtlich durchlaufen wird, denn dies ermög-licht das Errechnen der maximalen Temperatur, die der Motor vor einer Überhitzung erreichen kann. Ein Beispiel hierfür ist in Abbil-dung 2 dargestellt.

Beachten Sie auch, dass bei der Wahl des optimalen Motors nicht nur das erforderliche Drehmoment, sondern auch das Drehmoment-Geschwindigkeitsprofil über den gesamten Bewegungszyklus und dessen Arbeitsverhältnis hinweg berücksichtigt werden muss.

DIE RADIALLAST IM FOKUS

Die Radiallast: einfach erklärt

Motor oder Getriebe müssen bei bestimmten Anwendungen nicht nur ein bestimmtes Drehmoment zum Antrieb der Last bereitstellen, sondern sie werden auch radial belastet; dies gilt insbesondere für die Motorwelle. Ein Beispiel hierfür ist ein Riemenantrieb (siehe Abbildung 3), mit dem parallel zum Motor eine Achse angetrieben wird. Die Spannungskraft muss als radiale Belastung auf die Motorwelle betrachtet werden, insbesondere wenn der Riemen vorgespannt ist.

Ein zweites Beispiel ist eine Membranpumpe, bei der ein Kolben auf und ab bewegt wird, um entweder einen Über- oder Unterdruck im Ventil zu erzeugen und so den Förderstrom eines Mediums oder eines anderen Materials zu ermöglichen. Der Kolben befindet sich auf der Motorwelle und erzeugt die Aufwärts- und Abwärtsbewegung, wobei Radialkräfte auf den Motor wirken.

Die Radiallast als Kriterium bei der Motorenauswahl

Die Radiallast ist aufgrund ihrer Auswirkungen auf das Verhalten der Lager ein rele-vanter Aspekt bei der Motorenauswahl. Für Bürsten-Gleichstrom- oder Schrittmotoren gibt es hier beispielsweise zwei Standardoptionen: Gleit- oder Kugellager. Gleitlager sorgen im Vergleich zu Kugellagern in der Regel für eine geringere radiale Belastung; sie bieten Vorteile hinsichtlich der Lebensdauer und sind zudem preisgünstiger. Im Rahmen der Finanzkalkulation des Motorenherstellers kann die Verwendung von zwei Gleitlagern anstelle von Kugellagern vorteilhaft sein und die Produktionskosten ins-gesamt senken. Bei Anwendungen wie Riemenantrieben und Membranpumpen, bei denen eine Radiallast vorhanden ist, trägt die Verwendung mindestens eines Kugel-lagers für das vordere Lager des Motors dagegen zu einer höheren Lebensdauer bei und ist daher die bessere Wahl.

Ein Gegenbeispiel dazu sind bürstenlose Gleichstrommotoren, die in der Regel zwei Kugellager verwenden, da sie mit viel höheren Drehzahlen betrieben werden können als Bürstenbehaftete- oder Schrittmotoren. Der Motorhersteller empfiehlt meist eine maximale radiale Dynamik, da diese die Lebensdauer des Motors bei bestimmten Drehzahlen erhöht. Die ma-ximale radiale Dynamik hängt von der Größe der verwendeten Lager und der Distanz zwischen den beiden Kugellagern im Motor ab (siehe Abbildung 4: Abstand „B“); ebenfalls eine Rolle spielt die Position, an der die Radiallast wirkt (Abbildung 4: Abstand „A“). In der Regel toleriert ein langer Motor mit größeren Kugellagern eine höhere Radiallast als ein kürzerer Motor (siehe Abbildung 4).

Beachten Sie auch, dass bei der Wahl des am besten geeigneten Motors die Radiallast von dessen Position auf der Motorwelle, den Motorlagern, der ge-wünschten Lebensdauer und der Drehzahl der Anwendung abhängt.

DIE AXIALLAST IM FOKUS

Es gibt zwei Arten von Axiallasten: die dynamische und die statische Axiallast.

DYNAMISCHE AXIALLAST

Erläuterungen zur dynamischen Axiallast

Wenn bei einer Anwendung eine Drehbewegung um 90° bei niedriger Geschwindigkeit erforderlich ist, sind Schneckengetriebe häufig die Lösung der Wahl. Ein Schneckengetriebe besteht aus einer Schneckenwelle, die mit einem Schraubengewinde versehen ist und vom Motor angetrieben wird. Die Schneckenwelle treibt das Schneckenrad mit einem Untersetzungsverhältnis von etwa 2:1 oder mehr an. Nach dem Schneckengewinde auf der Schnecken-welle muss eine Radial- und Axiallast durch den Motor aufgenommen werden.

Gleitlager sind nicht für die Aufnahme großer Axiallasten geeignet, sodass viele Motoren nur mit Kugellagern arbeiten können. Ähnlich wie bei der Radiallast hängt die maximal empfohlene dynamische Axiallast eines Motors von den verwendeten Kugellagern, der Vorspannung, dem Abstand zwischen den beiden Kugellagern und der gewünschten Lebensdauer ab.

Die dynamische Axiallast als Kriterium bei der Motorenauswahl

Bei einem typischen bürstenlosen Gleichstrommotor wird die dynamische Axiallast vom vorderen Kugellager getragen, da die Innenoberfläche des Lagers mit der Motorwelle verbunden ist. Wenn eine axiale Druckbelastung auf den Motor wirkt, verringert sich die Vorspannung des vorderen Kugellagers; dies kann zu einem zusätzlichem Radialspiel führen, woraufhin der Motor eine geringere Lebenserwartung hat außerdem stärker vibriert und deutlich lauter ist. Bei axialem Zug wirkt die Last in die gleiche Richtung wie die innere Vorspannung und erhöht somit die Belastung. Motorenhersteller beschränken die empfohlene dynamische Axiallast in der Regel auf einen bestimmten Grenzwert, der von einem Lager toleriert werden kann, ohne dessen Lebensdauer zu verkürzen.

Beachten Sie auch, dass je nach Drehrichtung eine dynamische Axiallast unterschiedlich auf die Lagerbaugruppe des Motors einwirkt. Bei einer erhöhten Axiallast, die oberhalb der empfohlenen Grenzwerte liegt, muss die Lager-Baugruppe oder das eigentliche Lager optimiert werden.

STATISCHE AXIALLAST

Erläuterungen zur statischen Axiallast

Abgesehen von der dynamischen Axialkraft, die während des Betriebs auf den Motor wirkt, besteht auch die Möglichkeit, dass mindestens einmal während der Motor-Lebensdauer eine statische Axiallast auf die Welle einwirkt. Dies ist in der Regel der Fall, wenn ein anderes Bauteil (z. B. ein Kolben) auf die Motorwelle des zusammengebauten Motors gepresst wird (siehe Abbildung 7). Starke Erschütterungen, z. B. wenn sich der Motor in einem Handgerät befindet, das auf den Boden fällt, sind ein weiterer Auslöser für statische Axiallasten.

Die statische Axiallast als Kriterium bei der Motorenauswahl

Bei einem Motor mit Kugellagern ist der empfohlene Grenzwert für einen Einpressvorgang in der Regel viel höher als bei einer dynamischen Axiallast. Das Limit ist hier in der Tat nur die Elastizitätsgrenze der Kugellager! Solange die statische Belastung des Lagers unter seinem Elastizitätsgrenzwert liegt, kann es nicht zu einer bleibenden Verformung der Lagerkugeln oder der Laufringe kommen. Ebenso könnte eine Überschreitung der maximal empfohlenen Belastung zu bleibenden Verformungen der Lagerkugeln und der Laufringen führen, was die Lebensdauer verringern kann; zudem vibriert das Lager oft stärker und arbeitet weniger leise.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, ob die Motorwelle beim Einpressen abgestützt werden kann, wie in Abbildung 7 dargestellt. Bestimmte Motoren sind geschlossen oder verfügen auf der Rückseite über einen Geber, der den Zugang zur Motorwelle verhindert. Ohne Unterstützung wird die beim Einpressen aufgewendete Kraft direkt auf das vordere Kugellager übertragen, dessen innerer Laufring in der Regel zur Absorption der Axiallasten mit der Motorwelle verbunden ist. Das Ab-stützen der hinteren Welle ermöglicht eine höhere Kraft beim Einpressen, da der Kraftfluss durch die Motorwelle und nicht durch die Lager erfolgt.

Beachten Sie auch, dass zu hohe Axiallasten die Kugellager des Motors dauerhaft beschädigen und sich nachteilig auf die Lebensdauer, die Geräuschentwicklung und das Vibrationsverhalten des Motors auswirken können.

FAZIT

Wir haben eine Auswahl von Anwendungen und Beispielen untersucht, bei denen neben der üblicherweise vorhandenen Drehmomentbelastung auch andere Kräfte auf einen Motor wirken. Dies sind meist Radial- und Axiallasten, die im Hinblick auf ihre Auswirkungen und als Kriterien für die Wahl des optimalen Motors berücksichtigt werden müssen. Als Spezialhersteller von Antriebslösungen unterstützt Portescap seine Kunden dabei, ein vollständiges Bild der Motorbelastungen in der gewünschten Anwendung zu erhalten, und ist ein rundum kompetenter Partner, wenn es um die am besten geeignete Bewegungslösung geht, die alle Anforderungen der jeweiligen Anwendung erfüllt … oder übertrifft.

Impact of Torque Radial and Axial Loads
Abbildung 1: Das Drehmoment bei einem vereinfachten Modell eines Bürsten-Gleichstrommotors.
Abbildung 2: Der typische Bewegungszyklus eines Industriewerkzeugmotors
Abbildung 3: Beispiel eines Riemenantriebs
Abbildung 4: Radiallast eines BLDC-Motors mit zwei Kugellagern
Abbildung 5: Ein Schneckengetriebe, das aus einer Schneckenwelle (vom Motor angetrieben) und einem bronzenen Schneckenrad besteht
Abbildung 6: Typische federbasierte Vorspannkonstruktion für einen BLDC-Motor (Welle mit dem Innendurchmesser des vorderen Kugellagers verbunden)
Abbildung 7: Kraftverlauf beim Einpressen (Welle mit dem vorderen Innendurchmesser des Kugellagers verbunden)