KONSTRUKTIONSÜBERLEGUNGEN ZUR UMWANDLUNG EINER DREHBEWEGUNG IN EINE LINEARE BEWEGUNG

Einführung

Ein Standard-Minielektromotor erzeugt eine Drehbewegung. In vielen Anwendungen bewegt sich die Last jedoch linear statt rotativ. Dies ist typischerweise bei medizinischen Pipetten und Spritzen, Mesotherapiegeräten und Bestückungsmaschinen für Industriemärkte und Flüssigkeitsregelventile der Fall. Ingenieure müssen daher ihr eigenes System entwickeln, um Drehbewegung in lineare Bewegung umzuwandeln.

Der Schwerpunkt sollte hier auf der Entwicklung des Kernprodukts liegen. Die Auswahl des Miniaturmotors und das Design des Übertragungssystems sollten von Motion Spezialisten vorgenommen werden, damit wertvolle Entwicklungszeit eingespart werden kann. Im Folgenden werden die Möglichkeiten für die Umwandlung in lineare Bewegung genauer besprochen.

Die Drehbewegung kann über ein auf der Motorwelle montiertes Spindel- und Muttersystem in lineare Bewegung umgewandelt werden. Es gibt dabei zwei Haupttypen von Spindel- und Muttersystemen:

  • Eine Kugelgewindespindel (siehe Abbildung 1) wirkt auf den Rollkontakt zwischen der Mutter und einer Spindel. Die Kugel wird entlang einer spiralförmigen Nut zurückgeführt. Aufgrund der Rollkomponenten weist diese Lösung sehr geringe Reibung auf, was einen hohen Wirkungsgrad (über 90 %) und hohe Belastbarkeit ermöglicht.
  • Eine Gewindespindel (siehe Abbildung 2) besteht aus einer Spindel (im Allgemeinen aus Edelstahl) und einer Mutter (im Allgemeinen aus Kunststoff). Beide Komponenten stehen in direktem Kontakt, wodurch mehr Reibung als bei der Kugelgewindespindel entsteht. Diese Option ist jedoch eine gute, wirtschaftliche Lösung, wenn Kosten eine wichtige Rolle spielen. Das Material der Mutter beeinflusst generell die Lebensdauer und die maximale Belastbarkeit der Baugruppe. Mit zwei vorgespannten Muttern kann das Axialspiel allerdings beseitigt werden.

In der Regel gibt es zwei in Frage kommende Arten von linearen Lösungen:

  • Option 1: Die Gewindespindel ist direkt in den Motor integriert.
  • Option 2: Die Gewindespindel ist auf der Motorwelle montiert.

Option 1: Motor mit integrierter Gewindespindel

Standardmäßige Linearaktuatoren (oft als digitale Linearantriebe bzw. DLA bezeichnet) sind eine vollständig integrierte lineare Lösung, bei der ein Schrittmotor mit Becherstapel verwendet wird. Dies ist generell eine kostengünstige Lösung. Die Schritttechnologie hat zur Folge, dass der Motor ein Positionierungssystem für sich darstellt, sodass für die Steuerung keine Positionsrückführung erforderlich ist. Der DLA kann je nach gewünschter Auflösung in vollen Schritten, halben Schritten oder Mikroschritten betrieben werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass der DLA aufgrund des Rastmoments des Motors seine Position bei abgeschalteter Stromzufuhr beibehalten kann.

Bei der linearen Übertragung ist in der Rotorbaugruppe (siehe Abbildung 3) die Mutter überspritzt mit einem speziellen Material, das die Reibung optimiert, was für eine effiziente Lösung und lange Lebensdauer sorgt.

Einige Produkte verfügen sogar über eine spezielle Kugellagerbaugruppe, bei der die Kugellager mit einer Wellenscheibe vorgespannt sind, um das Axialspiel zu verringern (siehe Abbildung 3). Auf diese Weise werden die lineare Positionierungsgenauigkeit sowie die Wiederholbarkeit der Bewegung verbessert. Die Gewindespindel wird während der Bewegung aus- und eingefahren und kann auf Wunsch in dieselbe Ausgangsposition zurückgebracht werden.

Wenn Sie nach der am besten geeigneten linearen Bewegungslösung suchen, sollten Sie auch einige Optionen in Erwägung ziehen, die allgemein als Standard für die Lösungsoptimierung verfügbar sind:

  • Hublänge
  • Steigung der Gewindespindel (in der Regel zwei oder drei Auswahlmöglichkeiten/Referenzen)
  • Spulentyp: bipolar oder unipolar
  • Nennspannung der Spule
  • Nennstrom
  • Unverlierbare Gewindespindel (integrierte Verdrehsicherung) oder nicht unverlierbare Gewindespindel (siehe Abbildung 4)
  • Verschiedene Gewindespitzen in metrischen und imperialen Maßen erhältlich

Linearaktuatoren können sehr kostengünstig eine hohe Linearkraft und Zuverlässigkeit für Ihre Maschine bieten.

Option 2: Kundenspezifische Motorlösung

Für Anwendungen, die hohe Leistung auf begrenztem Bauraum erfordern, wird empfohlen, eine anpassbare Lösung in Betracht zu ziehen. Kundenspezifische Lösungen werden normalerweise entweder mit einem Bürsten-Gleichstrommotor, einem bürstenlosen Gleichstrommotor oder einem Scheibenmagnet-Schrittmotor versehen. Diese Technologien bieten verschiedene Vorteile gegenüber Schrittmotoren mit Becherstapel. Beispielsweise empfehlen wir für Anwendungen mit hoher Beschleunigung die Verwendung eines Motors mit geringer Trägheit, z. B. eines Scheibenmagnet-Schrittmotors. Für hohe Leistung auf kleinem Bauraum ist möglicherweise eine Kombination aus bürstenlosem Gleichstrommotor, Getriebe und Gewindespindel die beste Lösung. Wenn ein hoher Wirkungsgrad erzielt werden soll, ist vermutlich ein kernloser Bürsten-Gleichstrommotor am besten geeignet. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um eine batteriebetriebene Anwendung handelt. Einige Zubehörteile können auch an den Motoren montiert werden, z. B. ein Encoder für hochauflösende Positionsrückführung.

Eine maßgeschneiderte Lösung bietet zudem Flexibilität bei der Auswahl der Gewindespindel. Das Forschungs- und Entwicklungsteam kann entscheiden, ob eine Kugelumlaufspindel oder eine normale Gewindespindel besser geeignet ist, unterschiedliche Steigungen vorschlagen, das Material anpassen und sogar die Abmessungen optimieren.

Beim Entwurf einer motorisierten Baugruppe muss sowohl die von der Anwendung benötigte Leistung als auch die auf Motorebene erzeugte Leistung bekannt sein. Es gibt einige physikalische Beziehungen, die bei der Umwandlung der gewünschten Ausgangskraft und linearen Geschwindigkeit in das erforderliche Antriebs- und Drehmoment zum Tragen kommen. Im Folgenden sind einige Beispiele dafür aufgeführt, wie Sie die optimale Lösung für die für Ihre Anwendung erforderliche Leistung ermitteln können.

Beispiel 1: Digitaler Linearantrieb

Anwendungsbeschreibung

Ein Team entwickelt ein medizinisches Laborgerät, das eine kleine Menge Flüssigkeit in Reagenzgläsern bewegt. Einer der Motoren steuert eine Mehrkanalpipette. Die Motorkomponente ist auf einen maximalen Durchmesser von 20 mm begrenzt. Gute Wiederholbarkeit und hohe Genauigkeit sind wichtig, um bei jedem Vorgang konstant die gleiche Flüssigkeitsmenge bereitzustellen.

Der Arbeitsprozess kann in zwei Hauptschritte unterteilt werden:

➞ Schritt 1: Pipetten in einem Schritt innerhalb von 4 Sekunden füllen.

  • Zurückgelegter Weg der Pipette: 50 mm in 4 Sek. Geschwindigkeit = 12,5 mm/Sek
  • Kraft: 20 N bei viskoser Flüssigkeit

➞ Schritt 2: Pipetten entleeren. Der Inhalt der Pipetten wird in winzige Mengen und auf mehrere Reagenzgläser aufgeteilt.

  • Zurückgelegter Weg: Der Weg der Pipette muss in 30 Teilschritte unterteilt werden können, d. h. 50 mm / 30 = 1,6 mm
  • Kraft: 15 N

Lösung

Digitale Linearantriebe sind für gewöhnlich eine gute Lösung für diesen Gerätetyp. Gründe hierfür sind unter anderem:

‣ Die Lösung ist normalerweise als Standard verfügbar, es ist also keine Entwicklung erforderlich.

‣ Aufgrund der Schritttechnologie ist es einfach, die Flüssigkeitsabgabe in Teilvolumina zu unterteilen.

‣ Dank der vorgespannten Kugellagerbaugruppe gibt es im DLA kein Axialspiel, was eine gute Wiederholbarkeit zur Folge hat.

Zur Auswahl eines Motors empfehlen wir den folgenden Vorgang. Für das Beispiel wird der von Portescap angebotene Motor 20DBM genutzt (siehe Abbildung 5):

  • Abmessungen: Lösung mit Durchmesser > 20 mm entfernen ( 1 )
  • Hublänge: Der zurückgelegte Weg beträgt 50 mm, die minimale Hublänge beträgt also 50 mm. Die unverlierbare Version kann ausgeschlossen werden, da die Hublänge kleiner als 50 mm ist. ( 2 )
  • Leistung: Überprüfen Sie, ob der Motor unter der erforderlichen Kraft arbeiten kann. ( 3 )
  • Berechnen Sie die Frequenz, die erforderlich ist, um die angestrebte lineare Geschwindigkeit zu erreichen. Die Frequenz hängt von der Steigung der Gewindespindel ab. Siehe Spalten 3 und 5 in Tabelle 1. ( 4 )

Beziehen Sie sich auf die Anfangskraft im Schaubild, wenn Sie die Spindelsteigung auswählen. Siehe Spalte 4 in Tabelle 1. ( 5 )

  • Spule: Es ist wichtig, eine an die Stromversorgung angepasste Spule auszuwählen. Eine Spule mit einer geringen Anzahl von Umläufen hat einen geringen Widerstand und ist für einen Stromversorgungstyp mit hoher Stromstärke und niedriger Spannung geeignet. Eine Spule mit einer hohen Anzahl von Umläufen hat einen hohen Widerstand und ist für einen Stromversorgungstyp mit niedriger Stromstärke und hoher Spannung geeignet. ( 6 )

‣ Unter Berücksichtigung der Parameter und Leistungen im obigen Beispiel wäre der Motor mit der Spindel 10 eine gute Option.

Beispiel 2: Kundenspezifische Motorlösung

Anwendungsbeschreibung

Ein anderes Ingenieurteam entwickelt derzeit ein medizinisches Gerät, das während einer Operation von einem Arzt verwendet wird. Es gelten die folgenden Anforderungen:

Das Werkzeug wird von einem Arzt verwendet und soll batteriebetrieben sein, um für bessere Ergonomie zu sorgen. Der Ingenieur kann nur eine Lösung mit einem maximalen Durchmesser von 13 mm unterbringen und das Werkzeug muss so optimiert werden, dass es einen guten Wirkungsgrad erzielt.

Die typischen Leistungsanforderungen sind wie folgt (siehe Tabelle 2):

Kraft (N)
 100
Geschwindigkeit (mm/s)
 7
Erforderliche mechanische Kraft (W)
0,7

Tabelle 2: Anschlusswerte

Leistungsberechnung

Da die Lösung batteriebetrieben ist, eignet sich die Technologie des kernlosen Bürsten-Gleichstrommotors gut, um einen hohen Wirkungsgrad zu erreichen. Die vom Motor angeforderte Leistung kann geschätzt werden, indem ein Getriebewirkungsgrad von 75 % und ein Gewindespindelwirkungsgrad von 50 % angenommen werden, was eine Leistung von 1,87 W ergibt.

Durch Berechnung der geschätzten Leistung kann die typische Größe des Motors ermittelt werden. In diesem Beispiel kann bestätigt werden, dass ein Motor mit kleinem Durchmesser die Aufgabe bewältigen kann.

Umwandlung von linearer Geschwindigkeit/Kraft in Drehzahl/Drehmoment

Da der Motor eine Drehbewegung erzeugt, müssen wir die lineare Geschwindigkeit in Umdrehungen und die Kraft in ein Drehmoment umwandeln. Die Umrechnung hängt von der Gewindespindel ab, die durch ihre Steigung definiert wird.

Physikalische Beziehungen

Wenn sich die Schraube (auf der Welle montiert) um eine Umdrehung (2 π) dreht, bewegt sich die Mutter linear um einen Weg, welcher der Steigung entspricht (siehe Abbildung 6).

Folglich besteht die folgende Beziehung, die es ermöglicht, die lineare Geschwindigkeit in Umdrehungsgeschwindigkeit umzuwandeln:

Wenn wir uns das Leistungsverhältnis ansehen, können wir das Verhältnis von Kraft und Drehmoment ableiten:

Die physikalische Umrechnungsformel kann auf das Beispiel angewendet werden. Da das Drehmoment und die Drehzahl von der Gewindespindel abhängen, können wir zwei verschiedene Steigungen für die Berechnung nutzen, um die Auswirkungen der Steigungsauswahl nachzuvollziehen.

Hinweis: : Die Wahl der Gewindespindel wirkt sich auf den Wirkungsgrad aus, da der Wirkungsgrad mit der Reibung des Materials und dem Spindelwinkel zusammenhängt.

Die vorherigen Beziehungen werden nun auf das Beispiel angewendet (siehe Tabelle 3).

Eine geringere Steigung erfordert eine höhere Drehzahl und ein geringeres Drehmoment als die größere Steigung. Im Allgemeinen wird bei geringerer Steigung aufgrund des geringeren Wirkungsgrads auch mehr Leistung benötigt.

Getriebeauswahl

Die Getriebeauswahl hängt vom Abtriebsdrehmoment und von der Antriebsdrehzahl ab.

Gemäß dem Portescap-Katalog ist das Getriebe R13 für beide Spindeln geeignet. Dieses Getriebe hat ein maximales Abtriebsdrehmoment von 0,25 Nm (> berechnetes Drehmoment). Die maximale Antriebsdrehzahl dieses Getriebes beträgt 7500 U/min.

Übersetzungsauswahl

Anhand der maximal empfohlenen Antriebsdrehzahl des Getriebes kann festgelegt werden, welche maximale Übersetzung gewählt werden soll.

Zur Definition der maximalen Übersetzung wird das maximale Antriebsdrehmoment durch das Abtriebsdrehmoment geteilt und das Ergebnis wird mit der verfügbaren Übersetzung verglichen (siehe Tabelle 4).

*Im Allgemeinen wird die nächstgelegene und kleinste verfügbare Übersetzung gewählt, um mit einem Antriebsdrehmoment zu arbeiten, das unter dem empfohlenen maximalen Antriebsdrehmoment liegt.

Motorauswahl

Bevor der Motor ausgewählt wird, muss das Antriebsdrehmoment des Getriebes berechnet werden. Da es sich um eine durchgehende Anwendung handelt, muss der Motor ein maximales Dauerdrehmoment haben, das höher ist als das Antriebsdrehmoment des Getriebes der Anwendung (siehe Tabelle 5).

Für beide Spindeln können wir den Motor 12G88 mit einem maximalen Dauerdrehmoment von 3,5 mNm verwenden.

Lösungsauswahl

Die elektrische Leistung, der Wirkungsgrad und die Lösungsdimension können nun für die einzelnen Lösungen berechnet werden (siehe Tabelle 6).

Der Motor 12G88 215E hat die folgenden Spezifikationen:

‣ Drehmomentkonstante k = 4,9 mNm/A

‣ Widerstand R = 3,2 Ω

Vom technischen Standpunkt aus gesehen sind beide Lösungen möglich, aber abhängig von den Anforderungen der Anwendung ist entweder Option 1 oder Option 2 besser geeignet. Wenn beispielsweise die Batterielebensdauer im Vergleich zum Lösungspaket priorisiert werden soll, ist vermutlich Option 2 die beste Wahl. In der Tat beträgt der Gesamtwirkungsgrad hier 30 %, während bei Option 1 nur 18 % erreicht werden. Der Nachteil von Option 2 ist dessen Größe, da Getriebe 2 eine Stufe mehr als Option 1 aufweist, was diese Lösung 3 g schwerer und 3,1 mm länger macht.

Schlussfolgerung:

Bei linearen Anwendungen können Motorlieferanten das Entwicklungsteam unterstützen, indem sie standardmäßige Linearmotoren anbieten oder eine lineare, kundenspezifische Motorlösung entwickeln. Für beide Parteien (Motorlieferant und Anwendungsentwickler) ist es wichtig, die technischen Anforderungen im Gerät, aber auch auf Motorebene zu definieren. Bei jeder Entwicklung ist es unabdingbar, die Anforderungen des Projekts vollständig zu verstehen, um den besten Kompromiss zwischen technischen und kommerziellen Anforderungen zu finden.

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Kugelgewindespindel
Abbildung 1: Kugelgewindespindel
Gewindespindel
Abbildung 2: Gewindespindel
Beispiel eines Linearaktuators mit Becherstapel und ohne Axialspiel
Abbildung 3: Beispiel eines Linearaktuators mit Becherstapel und ohne Axialspiel
Design mit und ohne Verdrehsicherung im Vergleich
Abbildung 4: Design mit und ohne Verdrehsicherung im Vergleich
Auswahl der 20DBM-Spindelsteigung
Tabelle 1. Auswahl der 20DBM-Spindelsteigung
Auswahlverfahren für Linearaktuatoren
Abbildung 5: Auswahlverfahren für Linearaktuatoren
 Motor und Gewindespindel
Abbildung 6: Motor und Gewindespindel
Berechnung von linearer Drehzahl und Drehmoment in Abhängigkeit von der Gewindespindel
Tabelle 3: Berechnung von linearer Drehzahl und Drehmoment in Abhängigkeit von der Gewindespindel
Auswahl der Übersetzung im Getriebe
Tabelle 4. Auswahl der Übersetzung im Getriebe
Berechnung des Drehmoments auf Motorebene
Tabelle 5. Berechnung des Drehmoments auf Motorebene
Leistungsberechnungen für die Lösungen
Tabelle 6. Leistungsberechnungen für die Lösungen